Wir reden und schreiben sehr viel darüber, dass der Trend auf sämtlichen Social Media Plattformen zurück zur Authentizität geht (oder zumindest gehen sollte) und man eine Tendenz dazu bei vielen Bloggern, Influencern und Accounts erkennen kann. Doch irgendwie haben wir das Gefühl, dass auch dieser Trend gerade dabei ist, für die eigenen Zwecke ausgeschlachtet zu werden – und die Authentizität, um die es eigentlich gehen sollte, dabei ad absurdum geführt wird. Denn plötzlich ist es “Trend”, sich ungeschminkt zu zeigen. Oder über seine Sexualität zu sprechen, obwohl das vorher nie ein Thema war. Oder sich beim Arbeiten zu filmen, denn der Alltag ist ja auch interessant, richtig? Wenn all diese Motive aber plötzlich auf vielen einzelnen Accounts auftauchen, welche Bedeutung hat das Wort Authentizität in der kollektiven Masse noch – und ab wann ist der Einblick in die Privatsphäre von Menschen nicht mehr interessant, sondern peinlich und zu intim? Unsere Gedanken dazu teilen wir heute mit euch!
Für Vicky muss es eine klare Trennlinie zwischen Social Media und dem intimen, höchst persönlichen Alltag geben: Ich liebe und lebe auf Social Media. Verdiene mein tägliches Brot damit und finde unglaublich viel Inspiration auf Instagram, Pinterest und Co. Doch was ich weniger liebe, ist von fremden Frauen zu erfahren wann und wie stark sie ihre monatliche Blutung haben, stundenlange Monologe über den morgendlichen Spaziergang mit dem Hund und dessen Verdauung zu hören, Live-Aufnahmen aus dem Kreissaal während der Geburt (Stichwort: “Birth Story now on Youtube”) zu sehen oder verzweifeltes Betteln um Likes auf dem neuesten Bild (“show some love”). Social Media ist ein Segen und ein Fluch zugleich. Es ist Inspiration aber auch Over-Sharing. Die Inhalte auf meinen Plattformen sind immer authentisch, sind zu 100% “me” aber sie sind eben nur ein ganz kleiner Auszug aus meinem Leben. Ich finde es macht eine Person nicht mehr “real” wenn man intimste Details aus dem Alltag, der Beziehung oder der Gesundheit mit tausenden (fremden) Menschen auf einer digitalen Plattform teilt. Das ist auch nicht der Content, den ich konsumieren möchte. Dinge, die ich meiner besten Freundin bei einem Glas Wein auf der Couch erzähle, sind keine Dinge, die für die große Masse geschaffen sind – sonst würde man sie ja auch im Büro als Rundmail an den großen Verteiler schicken und der wöchentliche Mädelsabend mit den engsten Freundinnen wäre komplett überflüssig, oder?
Ich finde es wichtig, dass man sich selbst treu ist und bleibt. Dass man eine ehrliche und authentische Meinung vertritt – egal ob off- oder online. Und, dass man kreativ, zugänglich und einzigartig ist. Aber bitte nicht auf Teufel komm raus und bitte nicht mit Themen, die einfach nicht für die breite Masse bestimmt sind. Vielleicht macht mich das prüde, vielleicht bin ich spießig – doch ich bin dankbar und froh, dass meine Beziehung noch nie für ein Foto mit vielen Likes ausgeschlachtet wurde, dass ich bei Wehwehchen lieber meine Mami, Schwester oder beste Freundin anrufe als eine Story zu posten, und dass ich auf Instagram nicht eine Art und Weise der Kommunikation vortäusche, die ich beim persönlichen Dinner und einer echten Unterhaltung nicht aufrecht halten kann.
Stay low key. Not everyone needs to know everything about you.
Der Unterschied zwischen Trend und Ehrlichkeit liegt für Kathi im Beweggrund und der eigenen Überzeugung: Ich frage mich oft, wo die Trennlinie zwischen Trend und Realität liegt. Wenn jemand schon immer auf Instagram vor der Kamera getanzt hat, dann ist das zu 100% diese Person. Wenn das aber auf einmal 10 andere Menschen machen, weil sie inspiriert sind und denken, vor der Kamera zu tanzen zeuge von Authentizität, bin ich einfach nur genervt. Oder, wenn man sich selbst beim Arbeiten filmt, wie man tippt, oder Pakete auspackt – damit man, wie so viele andere, beweist, dass man “eh was arbeitet”. Was ich auch beobachte, ist ein Trend, die eigene Sexualität zum übergreifenden Thema seines Feeds zu machen. Nicht, dass nicht jeder tun und lassen könnte was er will, ich glaube aber dennoch, dass man diese Entscheidungen irgendwann bereuen wird. Dass junge Frauen auf Instagram heutzutage so viel von sich preisgeben, nur um etwas Besonderes zu sein, um “real” zu wirken – ohne die Konsequenzen zu bedenken. Dass jetzt eventuell die Mama von der Nachbarin, mit der man in der Sandkiste gespielt hat, über den Vollrausch mit anschließendem flotten Dreier weiß. Oder der zukünftige Arbeitgeber. Oder die eigenen Eltern. Muss das wirklich sein? Ich glaube nicht. Ich bin ein sehr offener Mensch, doch über mein “echtes” Leben spreche ich auf Instagram nie. Bei meinen Freunden erzähle ich Geschichten ungeschönt und spare selbst die peinlichsten Details nicht aus. Aber wie Vicky sagt, wo liegt der Wert von persönlichen Anekdoten und Geschichten, wenn ich sie mit der ganzen Welt teile, für ein paar Likes? Das heißt für mich nicht, dass man auf Instagram nur Oberflächliches zeigen soll, ganz im Gegenteil. Oder dass Themen wie Sex, Politik, Gesundheit oder ähnliches nur hinter verschlossenen Türen besprochen werden dürfen. Nein, aber für mich muss der Grund für die Message stimmen: ehrliche Überzeugung und qualitätsvoller Content oder ein schnelles Aufspringen auf einen Trend für ein paar Likes – darin liegt für mich der große Unterschied.
7 thoughts on “Heart to Heart: Sharing Is(nt) Caring”
Hallo ihr Zwei,
sehr guter Beitrag! Ich hab mir die ganze Zeit nur gedacht “Ja, Ja, auch Ja, Ja,..” Ihr habt mir aus der Seele gesprochen und ich finde es sowas von super, dass ihr in euren Storys nicht alles teilt sondern nur die Dinge, die man auch auf Social Media teilen soll/kann. Es ist nie zu privat und passt einfach! Ich halt es fast nicht aus, wenn Leute wirklich jeden Schritt teilen und immer zeigen, dass sie ja viel arbeiten usw. Ich finde es einfach komisch, wenn ich einen Menschen nicht privat kenne, alles – aber wirklich alles – über ihn zu wissen….
Liebe Grüße,
Marlene
Predigt ihr nicht immer Leben und leben lassen?!? Oder gilt das nur wenn es um eure Meinung geht?
Doch das tun wir (und zwar nicht anonym :))
In diesem Beitrag geht es auch nicht darum, was andere machen dürfen oder nicht – vielmehr darum, dass für uns der Content dann einfach nicht mehr ansprechend und interessant ist. Es gibt viele Accounts denen ich immer gerne gefolgt bin, die mittlerweile aber auch auf diesen “Trend” aufgesprungen sind und daher für mich nicht mehr relevant sind. Oder im echten Leben einfach nicht so sind, wenn man ihnen gegenüber sitzt.
Jeder darf tun und machen was er/sie möchte – doch das heißt noch lange nicht, dass wir es toll finden müssen.
Liebe Grüße,
Vicky
Ich finde ihr habt es beide sehr schön auf dem Punkt gebracht! Mich nervt es mittlerweile auch zu sehen das jede zweite Bloggerin über ihre Regel spricht. Ich finde es gibt schon ein Unterschied zwischen offen über ein Thema sein (Regel zB) und intime Details zu erzählen. Genauso wie es ein Ort und eine Zeit gibt es zu tun – da finde ich einen ausführlichen Artikel auf dem Blog viel besser als darüber auf Instagram zu erzählen. Wir haben alle eine Sexualität, wir haben viele die Regel oder werden schwanger, aber einige Sachen muss man ja nicht mit der ganzen Welt teilen.
LG,
Rosie
Es geht um Austausch und ich finde gar nicht schlimm dass viele privates presgeben. Es ist auch nicht alles nur rosa im Leben und wenn man mehr teilt ist es um andere vlt zu zeigen dass man nicht alleine ist. Jeder kann wählen was man lesen/hören möchte. Wenn euch etwas nicht passz, dann nicht lesen-fertig.
Grüsse
I found this article very interesting, because somehow I am so tired to hear the same stories over and over again… Where there is no line anymore. Not to mention the amount of sexuality the people are showing on their channels. The bad thing about this tendency is the young girls of 13 – 15 who think that this behavior is somehow normal. And they also start doing the same thing, because they believe like this they will get famous. I think if a influencer has build such a big community they also have a responsable part in the game, and they also have to think about which kind of example they want set up.
Love this article you girls are big inspiration
https://lemontrend.com
Ein sehr spannendes Thema habt ihr da herausgepickt.
Und wir müssen sagen, wir sind absolute Fans von authentischen Persönlichkeiten – sowohl online, als auch offline.
Aber, wie auch ihr schon betont habt, ist die “echte” Authentizität das Um und Auf.
Auf einen Trend aufzuspringen und dabei seine Prinzipien über Board zu werfen, wird schlussendlich auch nicht zu 100% authentisch sein. Und nur das wird sich, unserer Meinung nach durchsetzen – 100% -ige Authentizität.