Oft wird die Mode als eine oberflächliche Branche beschrieben, bei der viel zu viel Aufmerksamkeit auf Äußerlichkeiten gelegt wird. Das ist nicht immer unwahr, aber es gibt auch wichtige Themen, über die im Zusammenhang mit der Modebranche gesprochen werden. Zur Zeit herrscht unserer Meinung nach eine Art Aufbruchstimmung. Es wird über Themen geredet, die viel zu lange totgeschwiegen wurden. Es wird nach Veränderung gerufen und es werden neue Standards der Schönheit definiert. Und das ist auch gut so!
Wovon wir reden? Designerin Maria Grazia Chiuri hat den Rahmen ihrer Dior Cruise Show 2020 in Marrakech genutzt, um unter dem Titel “Common Ground” eine inklusive Bewegung des Feminismus zu thematisieren und kulturelles Erbe, lokale Arbeiterinnen und Cultural Appreciation in die Kollektion einfließen zu lassen. Traditionell ging es beim Feminismus vordergründlich um den Kampf für die Rechte und Freiheiten weißer, privilegierter Frauen. Doch nun steht ein anderer Diskurs im Vordergrund. Dieser inkludiert alle Frauen. Egal welche Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder Herkunft sie haben. Auch die VOGUE spricht mit der Reihe “Weil Sichtbarkeit das Wichtigste ist” (#representationmatters) aktuell darüber. Wir zählen wohl eher zu der Kategorie der privilegierten Frauen. Bildung wurde uns nie verwehrt, die Unterstützung unserer Familien ist eine Selbstverständlichkeit und wir leben in Beziehungen, die uns jede Selbstständigkeit und Freiheit garantieren – trotzdem möchten wir unsere Reichweite nutzen um diesem wichtigen Thema einen Platz auf unserer Seite zu geben und eventuell auch etwas von euch lernen zu können. Wir teilen heute unsere Gedanken zu diesem hochsensiblen Thema mit euch und würden uns sehr über euren Input dazu freuen – heart to heart, let’s talk!
“I believe that when you speak about women you speak about them all around the world. But my grounding comes from Rome and Italy, which can be quite a narrow view. So it’s a conversation you have with other women about the craftsmanship and couture in a different way. Fashion is no longer just about clothes. It is something very different. […] You reach such a huge new audience and generation, so the new arguments in fashion today are about gender, cultural appropriation, environment, postcolonialism, and you have to reflect that. So you can speak to your own time.”
– Maria Grazia Chiuri (via)
Kathi ist mit Sicherheit in einer Blase aufgewachsen: Einer schönen, bunten Blase, in der fast immer alles so funktioniert hat, wie ich es mir gewünscht habe. Am Land außerhalb von Salzburg zur Volksschule gegangen und bis zur Volksschule nicht wirklich mit anderen Kulturen, Rassismus oder Flüchtlingen in Berührung gekommen. Dann, in meiner Klasse, waren zwei Flüchtlingskinder aus Bosnien, ein Bub und ein Mädchen. Beide waren erst Aussenseiter, der Bub hat es dank männlicher Ellbogentechnik recht schnell in die Gruppe der coolen Jungs geschafft, das Mädchen blieb alleine. So wie ich – denn in meiner Blase war ich Anfangs allein und hatte selbst keine Freundinnen. Weil ich in der Stadt in den Kindergarten gegangen war, das reichte schon als Grund. Marija war übergewichtig, der deutschen Sprache noch nicht ganz mächtig und kam aus einer Flüchtlingsfamilie – und wurde somit meine erste Freundin. Zusammen ist man weniger allein, und doch hat mir diese Erfahrung gezeigt, dass insbesondere Mädchen von einem frühen Alter an über ihre “Kolleginnen” urteilen. Aussehen, Herkunft, Beliebtheitsgrad. Wer durch das Raster fällt, hat Pech gehabt. Ähnliche Szenarien haben sich durch mein ganzes Leben gezogen und auch ich muss mich immer wieder an der Nase nehmen, nicht zu schnell in Kategorien zu denken und aus auferlegten, teilweise fremdbestimmten Denkmustern auszubrechen. Immer wieder beobachte ich auch hier in Wien (und wie es bei uns am Land ist, kann man sich vorstellen), wie weiße Menschen andere, mit dunklerer Hautfarbe, mustern. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie es sein muss, aufgrund einer wortwörtlichen Oberflächlichkeit, nämlich der Pigmentierung der Haut, sofort abgestempelt zu werden. Beurteilt. Gemustert. Es wahrscheinlich viel schwerer zu haben, beruflich hier Fuß zu fassen. Manchmal fühle ich mich innerlich direkt genötigt, People of Color, vor allem Frauen, auf der Straße ein Lächeln zuzuwerfen, ihnen zu zeigen dass wir nicht alle so sind, nicht alle so denken. Aber was sagt das im Umkehrschluss über mich aus? Ist das nicht genauso Schubladendenken, wenn auch gut gemeint? Kategorisiere ich nicht genauso, ziehe ich nicht auch voreilige Schlüsse? Das schönste wäre, wenn keines von beiden notwendig wäre – negative und positive Blicke – und eine Hautfarbe, egal welcher Schattierung, zur absoluten Selbstverständlichkeit und Nebensache wird. In der Mode, in den Zeitschriften, auf der Straße – auf der Welt.
Culture teaches us to live together, teaches us that we’re not alone in the world, that other people have different traditions and ways of living that are just as valid as our own.
-Tahar Ben Jelloun
Für Vicky ist es selbst mit 30 schwer zu verstehen, dass ihre Selbstverständlichkeiten nicht für alle Frauen selbstverständlich sind: Ich muss sagen, dass ich in einer Familie aufgewachsen bin, die zwar weder Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben noch Personen aus der LGBT Community im direkten Umfeld aufweist, aber uns Kinder trotzdem einen sehr wertfreien Umfang beigebracht hat. Selbst als Kleinkind hatte ich bereits Barbies und Puppen unterschiedlichster Ethnien, seit meiner Jugend begleiten mich Personen im Freundeskreis die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben und andere Länder oder Sitten haben mich immer schon mehr fasziniert als abgeneigt. Wenn unser Trainer Oti Witze über seine Hautfarbe macht, dann stehen Kathi und ich oft auf der Leitung und er sagt immer ganz charmant: “I love you guys because you don’t see color.”! So ist es wirklich. Doch leider tue ich mich besonders deshalb oft schwer, zu verstehen, dass meine Privilegien nicht die jeder Frau sind. Es ist für mich schwer zu greifen, wie man Menschen aufgrund von ihrer sexuellen Orientierung oder ihrem kulturellen Background anders beurteilen oder werten kann. In weiterer Folge fühle ich mich diesem Thema im zwischenmenschlichen Diskurs oft nicht gewachsen. Was ist politisch korrekt? Welche Begriffe darf man nun wirklich verwenden? Wieso sollten Frauen, die nicht hetero und weiß aus Mitteleuropa sind anders sein als ich? Also schon anders, denn anders sind wir alle und das ist auch gut so. Aber eben auch nicht anders im Bezug auf Leistung, Schönheit und Frau sein!
Wie geht ihr mit dem Thema Feminismus um? Findet ihr, dass alle Frauen gleich behandelt werden, egal welcher Herkunft oder Orientierung?
5 thoughts on “Heart To Heart: Inclusive Feminism”
Mädels, echt ein tolles Thema und die Texte sind so schön geschrieben von euch!!!! xx
http://www.melinadulce.com/
Ich liebe Euren Blog und Euren Content. Die Themen die ihr ansprecht sind so wichtig! Vielen Dank, dass ihr euch abhebt, treu bleibt und vor allem- wirklich ein Mehrwert seid!
Liebe Grüße,
Sina
Wo werden die schönen Teile denn hergestellt? Gibt es Infos über die Produktionsbedingungen? :)
Ah ups – das bezieht sich natürlich auf VIKTORIA LOUISE! Hatte beide Artikel als Tabs offen …
Liebe Ulli,
wir gehen davon aus, dass du bei einem anderen Beitrag kommentieren wolltest, oder? Dem zu Viktoria Louise?
Falls ja: je nach Produkt wird mit unterschiedlichen Lieferanten in der Türkei und Italien gearbeitet, alle davon legen aber viel Wert auf gute Bedingungen für die Mitarbeiter. Es besteht persönlicher Kontakt zu den Lieferanten und Vicky’s Geschäftspartner in München waren auch in der Produktion selbst vor Ort – dort gibt es für alle immer gutes Mittagessen und die Standards sind definitiv auf europäischem Niveau.
Alles Liebe!