Confession: Biologie, Chemie und Physik waren leider nie unsere Stärken in der Schule. Wahrscheinlich auch der Grund wieso wir beide ein Studium gewählt haben, bei dem besagte Fächer nicht (!) im Studienplan enthalten sind. Dennoch hatten wir immer eine gewisse Begeisterung für Labore, Mixturen und die berühmten weißen Kittel. Eine Welt die von unserem Arbeitsalltag fern ab liegt und doch so beeindruckend ist. Daher freuen wir uns auch ganz besonders über den heutigen Job Report!
Vor ein paar Wochen hatten wir die Chance bei einem gemeinsamen Mittagessen in Bad Teinach im Schwarzwald mit Guylaine Le Loarer von Annemarie Börlind über ihren spannenden Job als Leitung der Forschung + Entwicklung bei der Naturkosmetikmarke zu plaudern. Guylaine hat bereits bei der Matura (Abitur) ihre Liebe zu den Naturwissenschaften mit Leistungsfächern wie Biologie, Physik, Chemie und Mathematik verdeutlicht (Hut ab!) und anschließend Biochemie an der Universität Rennes in Frankreich studiert. Danach kam ein Ergänzungsstudium im Fach organische Chemie mit dem Schwerpunkt Biosynthese von Naturstoffen an der Universität in Siegen in Deutschland und seit 1996 ist sie bei der Börlind GmbH tätig. Über 20 Jahre im gleichen Unternehmen lassen uns davon ausgehen, dass der Job nicht nur ein besonders spannender ist, sondern die Firma mitten im Schwarzwald auch einen tollen Arbeitsplatz und internes Klima bietet.
– Wenn wir an den Berufstitel “Leitung Forschung & Entwicklung” denken, dann denken wir vor allem an weiße Kittel und viel Zeit im Labor – wie schaut dein Berufsalltag wirklich aus?
Der Alltag als Leiterin der Abteilung Forschung + Entwicklung bringt viel PC- und Recherchearbeit mit sich. Ich bin immer auf der Suche nach Innovationen, neuen Rohstoff- und Produkttrends, die unsere Abteilung dann versucht umzusetzen. Aber der weiße Kittel begleitet mich schon mein gesamtes Arbeitsleben, denn die neuen Rezepturen, welche die Kolleginnen aus der Produktentwicklung herstellen, werden von mir täglich getestet. Danach überlegen wir gemeinsam wie eine Rezeptur verbessert werden könnte, sei es das Hautgefühl oder der Duft. Auch wenn der Beruf sehr viel Büroarbeit und Audits mit sich bringt, muss man trotzdem einen Fuß im Labor haben, um noch kreativ sein zu können. Unser Ansporn ist es, dass ein Produkt so lange weiterentwickelt wird, bis wir damit zufrieden sind und wir mit guten Gewissen sagen können, dass es das Beste ist, was wir aus diesem Produkt machen können. Da wir auf weniger Rohstoffe als die Produktentwickler in der konventionellen Kosmetik zugreifen können, ist es uns z.B. nicht möglich ein tiefblaues Produkt zu entwickeln, da dieses Tiefblau in der konventionellen Kosmetik aus synthetischen Farbstoffen stammt. Uns stehen andere Rohstoffe zur Verfügung, die eventuell nicht stabil, nicht so farbintensiv sind oder Verschiebungen des pH-Wertes nach sich ziehen können. Die Neugier bessere Produkte zu entwickeln, muss in meinem Job also immer vorhanden sein.
– Du bist bereits seit über 20 Jahren (!) im Unternehmen Annemarie Börlind tätig, wie kamst du damals zu dem Job? Warst du immer schon in der Forschung & Entwicklung tätig? Was macht das Unternehmen aus, dass man nach 20 Jahren immer noch so viel Freude am Job hat?
Angefangen habe ich als Produktentwicklerin und bin nach 8 Jahren zur Leiterin der Produktentwicklung aufgestiegen. Diese Stelle hatte ich 6 Jahre lang, bevor ich 2010 Leiterin der Forschung und Entwicklung wurde.
Was mich schon zu Beginn an der Firma Börlind begeistert hat, ist die Konsequenz mit der man die Produkte aus Naturstoffen entwickelt. Unser Sortiment umfasst glücklicherweise viele unterschiedliche Produkte, in verschiedenen Preissegmenten und für verschiedene Hauttypen. Dazu kommt unsere Marke DADO SENS für Problemhaut sowie eine breite Palette an dekorativen Produkten, was viele Arbeitsgebiete in der Produktentwicklung abdeckt. Das bedeutet für uns, dass wir uns nicht die ganze Zeit mit beispielsweise Deodorants befassen, sondern wir uns an einem Tag mit einer neuen Duschgelgrundlage befassen, am nächsten Tag mit einer neuen Lippenstiftfarbe und tags darauf mit einer neuen Emulsionsgrundlage. Es ist sehr interessant projektmäßig an definierten Produkten zu arbeiten, aber auch parallel immer wieder neue Rohstoffe im Labor zu verarbeiten. Besonders die Entwicklung neuer Produktformen wie Duschschäume, Perlen und Emulsionen mit speziellem Hautgefühl ist für mich sehr spannend.
– Was ist das Schönste an deinem Beruf?
Das Schönste am meinem Beruf ist die Mischung aus Kreativität und Wissenschaft.
Es ist ein tolles Gefühl nach monatelanger Arbeit die Markteinführung eines Produkts zu erleben und die Rückmeldung der Kunden zu erhalten. Auch die Kosmetikverordnung, die sich immer wieder verändert und weiterentwickelt, ist für mich spannend. Dazu gehört auch, dass ich bei neuen Richtlinien auf immer wieder neue Herausforderungen stoße.
Sehr schön ist es auch Forschungsprojekte zu gründen und von der Idee bis zur Umsetzung zu begleiten – wie unsere Stammzellen aus der Schwarzwaldrose, die wir nach 3 Jahren Forschung in unserer Systempflegeserie ENERGYNATURE Serie eingesetzt haben.
– Wo stellen sich dir beruflich die größten Herausforderungen?
Die Entwicklung von Naturkosmetik ist eine Herausforderung an sich, denn es stehen uns viel weniger Rohstoffe zur Verfügung als in der konventionellen Kosmetik. Trotzdem erwartet der Kunde ein genauso angenehmes Hautgefühl, eine merkbare Wirkung und einen angenehmen Duft.
So ist es beispielsweise für die Parfümeure besonders schwierig einen Duft zu kreieren, denn es stehen nicht so viele natürliche Duftstoffe zur Verfügung. Bei einem aquatischen Duft ist es sogar fast unmöglich ihn 100% natürlich herzustellen, auch ein floraler Duft ist schwierig.
Das Schöne ist, dass Parfümeure sich im Bereich von Düften für Naturkosmetik immer mehr fortbilden und daher auch die Duftvorschläge stetig besser werden.
Meine letzte Herausforderung war, dass ich mich mit Arzneimitteln befasst habe, da wir auch Nahrungsergänzung vertreiben, die als Arzneimittel eingestuft sind. Dafür gelten ganz andere Normen als für Kosmetik.
Herausforderungen sind auch im täglichen Ablauf zu finden. Das kann beispielsweise die Suche nach Ersatzrohstoffen sein, wie bei dem Versuch Palmölderivate aus zertifizierten Quellen zu erhalten. Hier bewegt sich am Markt derzeit viel, was u.a. dem „Forum für nachhaltiges Palmöl“ zu verdanken ist, bei dem wir auch Mitglied sind.
Eine andere tägliche Herausforderung ist es neue Rohstoffqualitäten zu finden, Daten zu aktualisieren und die Rezepturen mit Ersatzrohstoffen zu testen.
Die Herausforderungen sind sehr vielfältig, dies kann auch die Logistik zur Lieferung der Sheabutter aus Mali sein, den perfekten Duft für eine Serie zu finden und sich Gedanken zu machen, wie man die neuesten Forschungsergebnisse in ein Produkt einfließen lassen kann. Doch nicht nur das – auch die für den Kunden verständliche Umsetzung der Forschungsergebnisse kann eine Herausforderung sein.
– Die Marke Annemarie Börlind steht für Naturkosmetik aus dem Schwarzwald – würdest du sagen die Forschung und Entwicklung von neuen Produkten ist im Bereich Naturkosmetik schwieriger als in der herkömmlichen Kosmetik? Was liebst du persönlich an der Naturkosmetik?
Auf jeden Fall ist die Entwicklungsarbeit bei Naturkosmetik anspruchsvoller. Wir greifen bei Neuentwicklungen nicht auf festgelegte Rahmenrezepturen zurück, in die jedes Mal ein anderer Wirkstoff eingearbeitet wird, sondern versuchen bei jeder neuen Serie eine individuelle, zum Hauttyp passende Formulierung mit Hilfe von natürlichen Rohstoffen zu finden. Persönlich mag ich Pflegeprodukte, deren Rohstoffe mit Geschichten verbunden sind. Für mich zählen nicht nur die Wirknachweise, sondern auch das Wissen, dass die Körpercreme, die ich täglich verwende einen tollen Inhaltsstoff wie die Sheabutter aus Mali enthält. In Mali war ich mit den Nusssammlerinnen der Sheanüsse auf den Feldern und habe mir die Herstellung angeschaut.
Auch zählt für mich das Wissen, dass in den Produkten, die ich verwende keine Extrakte von toten Tieren enthalten sind. So etwas möchte ich nicht auf meiner Haut haben, denn Alternativen sind reichlich vorhanden.
– Wo findest du deine Inspiration für Produktneuheiten und die Innovationen, für die Annemarie Börlind auch bekannt ist und regelmäßig Auszeichnungen bekommt?
Das ist sehr unterschiedlich. Wir haben weltweite Kontakte zu sogenannten Rohstoffscouts, die für uns nach neuen Rohstoffen suchen. Sie waren beispielsweise für unser Rosenkirschöl aus Nepal verantwortlich. Wir sind natürlich auch auf eine gute Vernetzung mit Rohstoffherstellern- und Lieferanten angewiesen, gehen viel auf Messen, suchen ständig nach Innovationen und beobachten die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich Hautbiologie und natürlicher Rohstoffe.
Das Know-How des Produktentwicklungsteams und deren Neugier Neues zu versuchen, ist dafür notwendig und unersetzbar.
– Welche Tipps hast du für junge Frauen die sich im Bereich Beauty & Kosmetik beruflich weiterbilden möchten?
Wer sich im Bereich Produktentwicklung an speziellen Fachhochschulen und Universitäten weiterbildet, bekommt auch Einblicke in die Bereiche Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement, Kosmetikrichtlinien und Zertifizierungen. Dies ist erforderlich, um ganzheitliche Kenntnisse zu gewinnen. Nicht-desto-trotz lernt man an der Universität nicht Naturkosmetik zu entwickeln – dies lernt man erst direkt im Labor. So erging es mir und dies ist auch der Fall bei allen Produktentwicklerinnen, die bei uns im Labor ihre Stelle antreten. Auch wenn man schon Erfahrung hat, kann man nur anhand der Philosophie des Unternehmens etwas über die Rohstoffe, die man einsetzen darf, lernen.
EN: If there is one thing we tried to stay away from over the past years, it has definitely been biology, chemistry, physics and all the things we were never good at in school. That’s probably why we choose something completely different for our own careers. However, those subjects and anything that has to do with it, have always been very fascinating to us and we have a deep admiration for all the ladies out there who know how to work their formulas. Which is why we are excited to share today’s Job Report featuring Guylaine Le Loarer with you. Guylaine is head of research + development at Annemarie Börlind, a brand we love for their natural beauty products. She has been with the company for over 20 years (!!), which means both her job is very interesting and the brand must be a good one to work for! Back in April, we had the chance to sit down with her over lunch in the beautiful Black Forest to chat about her career.
Guylaine spends a lot of time doing research online and in the field, but also mentioned that regular visits in the laboratories are still very much of her daily routine and an essential part of developing new products. Since the brand only uses natural ingredients for their products, some of the products can take years to perfect and it takes a lot of eagerness to create something new in her job.
She started working for Annemarie Börlind 20 years ago, where she spent the first 8 years in product development. Next, she was promoted to head of product development before becoming head of research + development in 2010. From the beginning on, she has always admired the companies dedication to create natural products and the diversity of products for all price categories and skin types. To her, this means not having to work on just one product, deodorants for example, all the time, but rather going from creating shower gels to beautiful lipsticks and colors to developing the base for a new emulsion. Guylaine says the best part about her job is definitely the combination of creativity and science. And the feeling of holding a finished product in your hands after months of research and development.
The biggest challenges in Guylaine’s job, as she tells us, are definitely the fact that the company only uses natural ingredients for their products. Meaning: Customers typicalls have the same expectations as they have from other beauty brands, and Annemarie Börlind has to meet those by finding alternative methods and products that can be found in nature. This takes a lot of research and creativity!
Of course, we also wanted to know where Guylaine finds the inspiration for new products she develops. There are some natural resource scouts that she works with to look for new materials – that’s how they discovered the rose-cherry-oil from Nepal, for example. Part of her job is also visiting trade fairs and keeping an eye on the most resent research developments in the beauty industry. Curiosity is also an essential part of her job!
For anyone looking to go into a similar field of beauty and cosmetics, she recommends going the the right universities and schools. Guylaine already started setting the path for her career in early years by focusing her subjects of the Matura (=Abitur) on those natural sciences like chemistry, biology and physics. She then studied biochemistry at the University of Rennes in France and later added another major in organic chemistry and biosynthesis of natural substances at the University of Siegen in Germany to her CV.
However, she says it is important to keep in mind that school will not teach you to develop natural beauty or cosmetic products – that is something that is learned in the lab. It is the philosophy of the company that shaped her career by giving certain guidelines and challenging her on a daily basis!
*in collaboration with Annemarie Börlind
4 thoughts on “Job Report: Guylaine Le Loarer, Leitung der Forschung + Entwicklung von Naturkosmetik”
Sehr spannender Job Report und tolle Einblicke in die Arbeit von Guylaine!
Ich hab mit Chemie, Physik usw auch nichts am Hut (habe auch die wirtschaftliche Schiene gewählt). Aber dennoch finde ich diese Arbeit interessant und würde auch gern mal solche Einblicke erhalten, vor allem in die Naturkosmetik.
Dass Guylain schon über 20 Jahre für Annemarie Börlind arbeitet, ist wirklich ein tolles Zeichen.
Da ich nun fast schon lieber Naturkosmetik Produkte als konventionelle verwende, werde ich mir demnächst ein Produkt von Annemarie Börlind holen. Könnt ihr irgendwas Spezielles empfehlen? Vorzugsweise für die Gesichtspflege? Vielen Dank vorab.
❤ Liebste Grüße ❤
Conny von conniemarrongranizo.at
Personal Austrian Blog about Fashion | Beauty | Lifestyle | Food | and more
Liebe Conny,
wie schön, dass du dich so für Naturkosmetik begeisterst! Unser Kundenservice berät dich gerne und sendet dir kostenfreie Testmuster entsprechend deinem Hauttyp zu. Du erreichst ihn wie folgt:
Mail: service@boerlind.com
Tel: +49 7051 6000-871
WhatsApp: +49 172 7180122
toller job report!
Sehr spannender Job Report! Es gibt Jobs von denen ich keine Ahnung hatte das es sie gibt :D Hut ab vor allem für ein Studium in diesen Fächern. Puh das wäre für mich wohl der Albtraum überhaupt.
Liebe Grüsse
Sylvia
http://www.mirrorarts.at