Das Brautkleid ist für die meisten Frauen wohl das wichtigste Kleidungsstück in ihrem Leben. Auf kein anderes Kleid fiebert man so lange hin, macht sich so viele Gedanken, und ist bereit, etwas mehr Geld dafür auszugeben, damit man sein Traumkleid am Tag der Hochzeit tragen kann. Marlene Scheiber setzt diese Gedanken und Träume in die Wirklichkeit um und arbeitet tagtäglich daran, Bräuten ihr Hochzeitskleid zu zaubern. Die gebürtige Tirolerin hat sich nach ihrer Ausbildung entschlossen ihre eigenen Designs umzusetzen und hat so ihr Atelier „Das Kleid“ in Salzburg eröffnet. Wenn man das Atelier betritt, fühlt man sich sofort wie in einer anderen Welt – fast ein bisschen so, als wäre man in Paris: Ein alter Holzschrank gefüllt mit wunderschönen Schuhen, ein Vintage Sofa, und ein fast fertiges Brautkleid an einer Puppe ziehen sofort alle Blicke auf sich. Mit sehr viel Liebe zum Detail hat Marlene ihr Atelier eingerichtet – und diese Liebe spiegelt sich auch in ihrer Arbeit wider. Wir haben die gelernte Modegestalterin und Kleidermachermeisterin zum Interview gebeten und sie in ihrem traumhaften Atelier besucht. Der Blick hinter die Kulissen war mehr als spanend und wir haben erfahren, wie es vom ersten Gespräch mit einer Braut zum fertigen Brautkleid kommt.
1. Wie sah dein Werdegang vor deiner Selbstständigkeit aus? Welche Ausbildung hast du gemacht, wo warst du beruflich angesiedelt?
Eigentlich war mir im Unterbewusstsein schon als Kind klar, dass ich eine große Leidenschaft für die Kunst des Schneiderhandwerkes habe. Die Nähmaschine hat mich immer schon fasziniert und ich habe früher mit meiner Oma schon liebend gerne genäht – damals waren es Kleider für meine Puppen. Lustiger weise war damals schon ein Brautkleid für meine Barbie dabei… Mein beruflicher Werdegang war allerdings ein kleiner Umweg: Nach der Schule machte ich zuerst eine Ausbildung zur Floristin, und erst danach zog es mich im Alter von 21 Jahren nach Kitzbühel, wo ich eine weitere Ausbildung absolvierte. Und zwar zur Herrenkleidermacherin bei der Firma Prader. Die Lehrzeit dort war anstrengend und lehrreich zugleich, und ich habe sofort gemerkt, dass meine eigentliche Leidenschaft dem Schneidern und Modedesign gehört. Für den Wifi Lehrgang „Herstellung von Original Trachten- und Dirndlbekleidung“ verschlug es mich dann nach Salzburg. Daraufhin folgten Jahre des Studiums in München, wo ich an der deutschen Meisterschule für Mode und Design das Studium zur staatlich gespürten Modegestalterin und zeitgleich die Meisterprüfung zur Damen- und Herrenkleidermachermeisterin absolvierte
Kurz nach meinem Abschluss in München zog es mich zurück nach Salzburg, wo ich im Haute Couture Atelier der Firma Madl zu arbeiten begann. Im Herbst 2012 gründete ich dann mit meiner damaligen Geschäftspartnerin das Label „DAS KLEID Salzburg“ und eröffnete mein kleines aber feines Atelier im Salzburger Andräviertel, das ich seit Herbst 2014 alleine führe.
2. Kannst du dich noch an den genauen Zeitpunkt erinnern, an dem du den Entschluss gefasst hast dich selbstständig zu machen? Was war der ausschlaggebende Faktor oder Grund? Und wie lange bist du nun schon selbstständig .
Der Gedanke und der Traum ein eigenes Atelier zu führen und Brautcouture zu fertigen war immer schon da. Bevor ich mit der Ausbildung zur Kleidermacherin begonnen habe, schon als kleines Mädchen, habe ich mich für Mode, insbesondere für aufwendige Roben und Brautkleider interessiert. Den ausschlaggebenden Moment, in dem ich entschieden habe meinen Traum zu verwirklichen, habe ich einer Freundin zu verdanken:
Es war im Frühjahr 2012. Wir saßen uns an den Nähmaschinen bei unserem damaligen Dienstgeber, der Firma Madl, gegenüber und haben vor uns hin geträumt… Wir wollten einfach unsere eigenen Ideen – und ich endlich meinem Traum – verwirklichen!
Kurz darauf haben wir gekündigt – heute lache ich, damals hab ich im ersten Moment geweint – wir hatten keine Ahnung, wussten eigentlich nicht wohin die Reise gehen soll und haben einfach mal angefangen in einer Hinterhofgarage unsere ersten Brautkleider zu nähen. Es war gar nicht so einfach, die weißen Stoffe durch die ölverschmierte KFZ Werkstätte des Nachbarn zu tragen, die wir durchqueren mussten um in unserer Nähzimmer zu kommen. Bereits nach kurzer Zeit fanden wir aber zum Glück das kleine Geschäftslokal im Andräviertel, in das wir dann mit unserem Atelier zogen.
Mittlerweile führe ich das Atelier alleine, wobei mich der Absprung meiner damaligen Geschäftspartnerin und Freundin im jähr 2014 abermals vor die Entscheidung “weitermachen oder bleiben lassen” stellte. Ich dachte mir dann “jetzt erst recht”, und habe meine Entscheidung bis dato noch keinen einzigen Tag bereut, denn ich lebe meinen Traum(beruf).
3. Was ist das Schönste an deinem Job?
Es gibt so viele Momente, die in meinem Beruf wunderschön sind. Die klassischen Montage, an denen man nicht aufstehen und zur Arbeit gehen will, gibt es bei mir gar nicht (zumindest nur sehr, sehr selten). Ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit, denn ich liebe, was ich tue. Einer der schönsten Momente, der immer wieder etwas ganz Besonderes ist: Wenn ich bei der letzten Anprobe und Abholung die Braut in ihrem fertigen Kleid strahlen sehe. Da fallen sehr oft auch Schranken – sowohl bei der Kundin als auch bei mir selbst – und den Emotionen wird freien Lauf gelassen. Das eine oder andere Tränchen darf dabei dann auch schon mal fließen… Für mich ist es eine sehr ehrenvolle Aufgabe, das Hochzeitskleid für eine Braut zu kreieren. Der ganze Prozess vom ersten Treffen bis hin zur letzten Anprobe hat auch etwas sehr intimes – teilweise sehe ich meine Kundinnen fast nackt bei der Abmessung und Anprobe des Kleides – da steckt sehr viel Vertrauen dahinter und die Chemie zwischen meinen Kundinnen und mir muss einfach stimmen. Umso mehr freue ich mich daher, wenn mir eine Braut so viel Vertrauen schenkt und ich sie für ihren großen Tag einkleiden darf.
Ich muss nichts verkaufen, sondern ich darf jemanden einkleiden.
4. Wenn man sich ein Hochzeitskleid bei dir machen lassen möchte, wann sollte man spätestens bei dir anfragen?
Je früher desto besser! Zum Glück ist mein Auftragsbuch gut gefüllt. Trotzdem möchte ich natürlich am Liebsten auch der kurzfristig entschlossenen Braut ihr Kleid anfertigen, doch das ist leider nicht immer möglich und ich musste schon Kundinnen wegschicken, da es sich zeitlich einfach nicht umsetzen ließ. Das tut mir dann immer besonders leid. Die meisten Bräute wissen ja heutzutage meistens bereits ein Jahr im Voraus, wann die Hochzeit stattfinden soll. Schön ist es, wenn man sich genügend Zeit nehmen kann, das Traumkleid anzufertigen. Auch für die Braut ist es ja ein ganz besonderer Moment im Leben, den man genießen möchte.
5. Wie sieht der Prozess der Erstellung des Hochzeitskleides aus? Wie lange dauert es ca. bis das Kleid fertig ist?
So individuell wie die Kleider selbst, so unterschiedlich ist auch der Fertigungsrahmen. In der Regel benötige ich etwa 40-50 Stunden Nähzeit für ein Kleid. Für den Entwurf eines Kleides habe ich zwei verschiedene Herangehensweisen: Entweder nach Vorstellung der Braut, oder aber auch nach dem vorgegebenen Budget. Bevor ich dann zu Nadel und Faden greife, werden Stoffe ausgewählt, Entwürfe gezeichnet und natürlich mit der Braut gesprochen um auf Ihre Wünsche eingehen zu können. Im ersten Termin mit einer Braut unterhalte ich mich einfach eine Stunde lang mit ihr. So erfahre ich mehr über ihre Person und kann mich besser in sie hineinversetzen. Viele Bräute haben natürlich Dank Pinterest & Co. bereits einige Vorstellungen, wie ihr Traumkleid aussehen könnte. Anhand dieser Vorstellungen und durch das Erstgespräch mit der Braut mache ich einen ersten Entwurf. Auch all meine Stoffe besorge ich selbst und wähle sie sehr sorgfältig aus – teilweise suche ich tagelang bis ich die richtigen Stoffe für ein Kleid finde. Für mich ist es besonders wichtig, dass sich die Braut aus einer kleinen Kollektion, der von mir ausgewählten Stoffe, ihren Lieblingsstoff aussucht. Denn dadurch verleiht die Braut ihrem Kleid bereits einen unverkennbaren Charakter, und es ist oft der Stoff, der am besten zu ihr passt.
Danach geht es los: Insgesamt 28 Körpermasse werden genommen, der Schnitt wird gezeichnet und so entsteht Schritt für Schritt – Anprobe für Anprobe – DAS KLEID. Die persönlichen Details und Feinheiten entstehen während des Anfertigungsprozesses. In dieser Zeit konzentriere ich mich voll und ganz auf DAS eine KLEID, um perfekte Kleider machen zu können. Es wird getüftelt bis zum Schluss, kein Kleid verlässt das Atelier bevor die Kundin (und ich) nicht absolut zufrieden sind.
Ein kleiner Tipp noch von mir: Wenn ihr euer Kleid anprobieren kommt, nehmt nur jene Menschen mit, die euch besonders am Herzen liegen. Kommt nicht mit unzähligen Freundinnen. Das Problem dabei ist, dass jede Frau die bei einer Kleid Anprobe dabei ist, oft sich selbst sieht – und nicht die eigentliche Braut. Somit kann es passieren, dass man von zu vielen Seiten verschiedene Meinungen hört und am Ende selbst nicht mehr weiß, was man denken soll. Das einzig Wichtige ist, dass sich die Braut selbst schön und wohl fühlt und ihrem Typ treu bleibt. Alles andere ist nebensächlich.
Ich probiere viele Schnitte der Kleider an mir selbst aus, denn ich möchte wissen wie der Rock schwingt, wie sich die Materialien auf der Haut anfühlen… Erst dann kann ich mich am besten in die Braut reinversetzen.“
6. Woher nimmst du deine Inspiration für neue Kleider?
Die Ideen für jedes einzelne Kleid entstehen prinzipiell gemeinsam mit der Braut. Die Braut ist meine größte Inspirationsquelle. Natürlich informiere ich mich über Trends und lasse mich ständig neu inspirieren, wie etwa auch von den großen Bridal Weeks in New York und Barcelona. Für mich persönlich ist es aber viel wichtiger, dass meine Bräute nicht versuchen irgendwelche Klischees zu erfüllen, sondern ihrem eigenen Stil treu bleiben. Es geht darum, die Vorzüge jeder Frau zu unterstreichen und sie nicht verkleidet wirken zu lassen. Eine Hochzeit ist kein Faschingsball, sag ich immer.
7. Wie schaut ein typischer Tag im Leben von Marlene aus? (Falls es diesen überhaupt gibt.)
Aufstehen, frühstücken, meine Lieben verabschieden und mit dem Fahrrad 6 km zur Arbeit fahren – so ist das kleine Workout auch erledigt. Heute früh musste ich zum Beispiel noch Knöpfe in der Salzburger Altstadt abhole, das traf sich gut und ich konnte am Grünmarkt noch schnell frische Tulpen für das Schaufenster kaufen. Ab 9:00 Uhr bin ich meist im Atelier und arbeite an den Kleidern, mache Anproben oder stöbere durch meine Stoffe. Ich habe mir angewöhnt gegen 18:00 Uhr Feierabend zu machen um meinen Freund – den ich übrigens über eine Braut von mir kennengelernt habe – bei unserer Tochter Paula abzulösen. Manchmal wird es aber auch länger. Ist Paula im Bett fallen noch Arbeiten an die im Hintergrund passieren, wie zum Beispiel Stoffe bestellen, Entwürfe zeichnen, Angebote erstellen etc. Manchmal tüftle ich auch noch die halbe Nacht an den neuen Kreationen.
8. Wo siehst du dich in 5 Jahren bzw. hast du dir für dich und DAS KLEID weitere Träume und Ziele?
Generell wünsche ich mir meinen Traum weiter leben zu dürfen. Ziel habe ich kein konkretes, das würde nämlich auch bedeuten, auf etwas hinarbeiten zu müssen. Schema “F” ist nicht so mein Ding. Ich liebe es, wenn immer wieder etwas Neues, unvorhergesehenes passiert. Aber ein paar kleine Träume habe ich natürlich trotzdem noch… Es würde mich zum Beispiel sehr reizen eine eigene Kollektion zu entwerfen. Ein größeres Atelier wäre auch nicht schlecht und weiß jemand zufällig, ob Mirjam Weichselbraun eigentlich schon ein Kleid für den Opernball 2018 hat?!
9. Last but not least, welchen Karriere Tipp würdest du jungen Frauen mit auf den Weg geben?
Nach den Sternen greifen, und sich nicht von seinen Träumen abbringen lassen! Wenn man etwas wirklich will, so schafft man alles.
EN: For most women the wedding dress is probably the most important dress in their lives. There is no other gown we put that much thought into, dream about and are willing to spend some extra money on. Marlene Scheiber transforms these thoughts and dreams into reality and works her magic to give brides their dream dresses. After her education the native Tyrolean decided to follow her dreams and opened her own studio called “Das Kleid” in Salzburg where she makes tailor-made (wedding) dresses. We asked the trained fashion designer and dressmaker for an interview and visited her in her beautiful studio. The peek behind the scenes was more than exciting and we have learned how a wedding dress comes to life.
Already as a little girl Marlene had a big passion for the art of tailoring. The sewing machine always fascinated here and she was already sewing tiny dresses for her Barbies with her grandmother. For her professional career she took a little detour and started a training to become a florist first. However, at the age of 21 she moved to Kitzbühel where she then was trained to become a dressmaker. Her career path took her to Salzburg and Munich where she then graduated from the German Master’s school of Fashion and Design. Shortly after her graduation she moved back to Salzburg where she began to work in an Haute Couture Studio. In autumn 2012 she founded the label “DAS KLEID Salzburg” with her business partner at the time and opened a small but fine studio in Salzburg, which she has been leading on her own since autumn 2014.
When asked about the favorite thing about her job, Marlene says there are so many beautiful moments. Mondays on which she does not want to get up and go to work are very rare, because she simply loves what she is doing. One of the most beautiful moments however, which is still very special every time, is when she sees the bride in her dress at the final fitting. She says creating the wedding dress for a bride is a very honorable task for her and the entire process from the first meeting until the final fitting can be very intimate at times. Therefore she feels even more humbled when a bride gives her so much confidence and trust to dress her for her big day.
Answering the question when to start having your tailored wedding dress made, Marlene says the sooner the better! She says she’s very lucky to have many orders, nevertheless, of course, she would also like to make the short-term determined bride the dress of her dreams, but unfortunately this is not always possible. Luckily, most brides nowadays usually know one year in advance when the wedding is going to take place. So Marlene says it is nice if she can take enough time to make the dream dress. And since it’s a very special moment in the life of the bride, it’s also nice for her to enjoy the process without stress.
When asked how long it takes to make a dress, and how the process of the production of the dress looks like, Marlene says it always depends. As individual as the dresses, so is the manufacturing frame. Usually she needs 40-50 hours of sewing time for a dress. For the design of a dress she has two different approaches: either according to the idea of the bride, or according to the given budget. For starters, Marlene schedules a first appointment with the bride to simply talk with her for an hour to get to know her and her ideas. On the basis of the bride’s ideas and the talk, Marlene makes a first draft.
She carefully selects all fabrics used for the dresses herself, and it is particularly important to her that the bride chooses her favorite fabric from a small collection of fabrics suggested by Marlene.
Then she starts: A total of 28 body measures are taken, the cut is drawn and thus step by step – fitting for fitting – THE DRESS is created. No dress leaves the studio before the bride (and herself) are not absolutely satisfied.
A little tip from Marlene: If you’re having your final fitting, take only those people who are particularly close to your heart with you. Do not come with countless girlfriends. The problem is that every woman who is at the fitting often sees herself in the dress, and not the bride. So in the end, the bride might be hearing way too many opinions and won’t any longer know what to think. The only important thing is that the bride herself feels beautiful and remains true to herself. Everything else is secondary.
Asking Marlene where she takes the ideas for the dresses from, she says they arise together with the bride. The brides are her greatest source of inspiration. Of course, she also knows about trends and keeps inspiring herself at the Bridal Weeks in New York and Barcelona. However, to her personally it is much more important that the bride does not try to fulfill any stereotypes, but that they remain true to their own style. She says it is about underlining the advantages of each woman and not letting them look disguised. A wedding is not a carnival, she says.
In terms of wishes and goals for the future, Marlene says she simply wants to continue to live her dream. She does not have a strict goal, because she loves the unexpected. But of course she has a few small dreams: She would love to design her own collection and a larger studio would not be too bad either.
Her career tip for young women is to reach for the stars, and never let go of your dreams. If you really want something, you can get it.
4 thoughts on “Job Report: Marlene Scheiber, Couturière & Designerin”
Das ist ja ein wahrgewordener Traum! Dass es noch solche Jobs gibt finde ich unfassbar wichtig!
Liebe Grüße
Ena von Just a swabian girl
Wieder so ein interessanter Job-Report, das ist echt eine meiner Lieblingskategorien bei euch!
Liebe Grüße,
Linn
https://www.linnmaira.com
Ein wundervoller Job Report und ein wahrgewordener Traum! ♥
Alles Liebe,
Dorothea
http://justambitious.com/
Die Job-Reports sind meine absolute Lieblingskategorie – gleich nach den Interiorposts :-)
Alles Liebe
Lisa