Im vierten Teil der Gastserie (hier geht’s zur Einführung, Money Biography & Why We Need To Talk About Money) von unseren Expertinnen Ramona und Julia (für mehr psychologisch relevante Themen geht’s hier zu ihrem Blog Solopreneurin) rund um’s Thema Finanzen dreht sich alles rund um’s Thema “Money Behaviour”. Das wie, aber vor allem das warum steht heute im Vordergrund. Und natürlich gibt es auch einen kleinen Exkurs dahingehend, wie wir in “Zeiten wie diesen” mit Geld umgehen und welche persönliche Bedeutung das jetzt gerade für jeden einzelnen haben könnte. Ab in’s Thema: let’s talk about money!
Eigentlich haben wir für diese Kolumne einen Plan. Wir möchten Schritt für Schritt unsere Gedanken zur Psychologie des Geldes mit Euch teilen. In unseren letzten Beiträgen haben wir damit begonnen. Wir haben darüber geschrieben, wie unser Aufwachsen, unsere Erfahrungen, unsere Erlebnisse mit Geld unser Denken prägen – wie unsere Biographie unsere Glaubenssätze zum Thema Geld mitschreibt. Wir haben uns überlegt, wie wir uns alle unserer Money Biography bewusst werden können und wie wir unser Money Mindset so verändern, dass unsere Gedanken uns beim Umgang mit Geld unterstützen. Denn unser Denken über Geld beeinflusst unser Verhalten: unser Money Mindset beeinflusst unsere Money Behaviour. Mit dem heutigen Artikel wollten wir uns der Money Behaviour widmen; wir wollten zum Beispiel erklären, warum Frauen weniger und vorsichtiger investieren als Männer und sagen: traut euch, geht in die Aktion und beobachtet bewusst euren Umgang mit Geld. So war der Plan.
Und dann, plötzlich, befinden wir alle uns in einer Welt, in der viele Pläne einfach nur noch Pläne sind. Und „eigentlich“ ist wahrscheinlich eines der meistgenutzten Worte unserer Zeit.
Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wie wir uns dem Thema nähern sollen. Nun, da „Geld“ für viele von uns und besonders für all jene, die selbstständig arbeiten, Teil eines jungen Unternehmens oder einfach nur auf ihren Job angewiesen sind, real mit Unsicherheit verbunden ist. In der Psychologie nennt man Auslöser von Stress „Stressoren“. Stressoren kann man, wie wissenschaftliche Lehrbücher es gern tun, in Kategorien einteilen. Aktuell erleben wir einen „universellen Makrostressor“: Etwas, das für viele Menschen eine grosse Belastung darstellt. Und für einige von uns hat diese Belastung auch mit Geld zu tun. Es kommen ungefragt und unangekündigt neue Aspekte zu unserer Money Biography hinzu. Und doch, wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, sich mit der Psychologie des Geldes zu befassen?
Money Behaviour.
Money Behaviour beinhaltet all das, was „Tun mit Geld“ ist. Es geht also nicht nur darum, ob du sparst oder ausgibst, ob du Aktien kaufst oder deine Scheine in Kissenbezüge nähst, sondern es geht auch darum, ob und wie du dich überhaupt mit Geld befasst. Näherst du dich dem Thema? Informierst du dich? Schiebst du es weg? Und vor allem: Verhältst du dich so, wie du es gern möchtest? Denn – wie bei so vielen anderen Themen auch – gibt es kein Richtig oder Falsch. Wir erleben oft, dass Menschen in unsere Coachings kommen, die finden, sie sollten Dies oder das Andere tun und die unglücklich sind, weil es nicht klappen will. Doch wie soll etwas klappen, wie soll man ein Tun aufrecht erhalten, wenn man es nicht wirklich möchte? Daher empfehlen wir, ähnlich wie beim Bewusstmachen des Money Mindsets, das Verhalten in Situationen mit Geld zu beobachten. Das kannst du im Alltag genauso tun wie auch dann, wenn besondere Situationen herrschen:
- Greifst du im Supermarkt automatisch zu dem Müsli in der wunderbar rosa Verpackung? Möchtest du dafür mehr Geld bezahlen als für dasselbe Müsli in grün? (Die Antwort darf auch einfach ein bewusstes „Ja, ich mag rosa“ sein!)
- Bestellst du im Moment besonders viel schöne Designerkleidung online, weil was macht man sonst auch den ganzen Tag daheim? (Die Antwort darf auch einfach ein bewusstes „Ja, das gönne ich mir“ sein!)
- Schaltest du bei Diskussionen im Freundeskreis ab, wenn das Thema Geld zum Thema wird? Oder bist es vielleicht gerade du selbst, die den anderen bei Finanzfragen zur Seite steht? (Die Antwort darf auch einfach ein bewusstes „Ich sehe mich eher zwischen beiden Extremen“ sein!)
- Hast du den Überblick darüber, wohin dein Geld eigentlich jeden Monat so fliesst? (Die Antwort darf auch einfach ein ehrliches „Nun ja…“ sein!)
Letztendlich ist bei all diesen Fragen die Antwort der erste Schritt. Denn wenn du dich ehrlich beobachtest und hinterfragst, dann spürst du im zweiten Schritt, ob dir deine Antwort gefällt. Ob du dich so verhältst, wie du es gern möchtest. Ob dieses online Bestellen dir gerade vielleicht kurzfristig Freude bereitet, du aber langfristig gar nicht weisst, wohin mit all dem Neuen. Ob du vielleicht doch lieber einen Gutschein von der kleinen Boutique im Quartier kaufen möchtest, um dort irgendwann einkaufen zu gehen, wenn die Zeiten sich ändern. Oder ob es jetzt gerade einfach gut für dich ist, dir endlich dein lang ersehntes Designerstück zu erlauben.
Beim Thema Money Behaviour geht es am Ende immer darum, zu reflektieren, was du tust. Zu spüren, ob das IST mit dem SOLL übereinstimmt, um dann, wenn du erkannt hast, was du ändern möchtest, zu handeln. Konkret. Hab Mut. Wie? Indem du anfängst. Klein, vielleicht auch noch kleiner: Kassensturz machen, wenn Ende Monat der Kontostand anders ist als gewünscht. Auswählen, welche Dinge und Erlebnisse ihr Geld wert sind („does ist spark joy?“ mal anders…). Informieren, wenn das ganze Thema einfach ein grosses Irgendwas ist („Was ist eigentlich ein Fonds?“). Vorbilder suchen, schauen, was sie für dich zu Vorbildern macht, eine Scheibe abschneiden (ernstgemeinte Vorbild-Inspo aus einem unserer Coachings: Bill Gates…). Und so weiter.
Und was, wenn dir im Moment all das gar nicht so relevant erscheint, weil du nicht weisst, wie es mit deinem Startup weitergeht oder ob dein Arbeitsplatz gesichert ist? So, wie wir alle uns gerade Aktivitäten suchen, die uns gut tun – und viele von uns finden sie und entdecken wunderbare neue Hobbies! –, so kannst du mit deiner Money Behaviour dazu beitragen, Unsicherheit nicht grösser werden zu lassen als dich selbst. Denn ja, so viel steht still. Doch diese Stille schafft auch den Raum zum Hinterfragen und die Zeit zum aktiv sein. Du hast also gerade jetzt die Chance, dir deine eigene Sicherheit zu schaffen – parallel zu all der Unsicherheit, die vielleicht noch eine ganze Weile da sein wird. Und das ist ok, denn die Zeiten sind unsicher. Doch sicher ist: es kommen auch andere Zeiten. Wenn du dich also genau jetzt mit deiner Money Behaviour befasst, dann kannst du auf dieser Basis umso mehr durchstarten, wenn es an der Zeit ist. Der bewusste Umgang mit Geld ist zentral dafür, wirklich selbstbestimmt zu sein. Und gerade dann, wenn man Einflüssen von aussen unterliegt, die man selbst nicht allzu sehr kontrollieren kann, ja gerade dann gilt es, das in die Hand zu nehmen, was wir selbst – und nur wir selbst! – anpacken können.
Anfangen war schon immer der erste Schritt.